Requirements Engineering ist tot, es lebe die User Story?

29.7.2019

A long time ago

Es ist schon ein Weilchen her, seit ich im Jahr 2007 meine IREB CPRE Foundation Level-Zertifizierungsprüfung abgelegt habe (2007 war übrigens das Gründungsjahr des International Requirements Engineering Board – IREB). Zu diesem Zeitpunkt nahm die Disziplin des Requirements Engineering (RE) so richtig Fahrt auf. Agilität wurde eher mit der körperlichen und geistigen Fitness einer pensionierten Person denn mit Softwareentwicklung in Verbindung gebracht.

Requirements Engineering vs. Agilität?

In den letzten Jahren hat sich das Blatt gewendet. Wer erfolgreich sein will, ist agil. Unternehmen führen agile Transformationen durch. Software wird mit agilen Vorgehensmodellen wie Scrum oder Kanban entwickelt. Agilität ist also das neue «jung und dynamisch». Gleichzeitig hat in meiner Wahrnehmung das RE ein eher verstaubtes Image verpasst bekommen. Heute schreibt man User Stories und nicht Use Cases. Anstatt Pflichtenhefte werden Story Maps erstellt.

Vor einigen Wochen hat mich ein Product Owner-Kollege angefragt, ob wir einen IREB CPRE FL-Kurs durchführen könnten. Ein Gedanke liess mich daraufhin nicht mehr los: Stiftet das Wissen über RE aus dem CPRE in Zeiten der Agilität und User Stories überhaupt noch Nutzen? Oder gilt nicht viel eher:

«Das RE ist tot, lang lebe die User Story?»

Die Suche nach einer Antwort

Um eine Antwort auf meine selbstauferlegte Frage zu finden, bin ich zu den Wurzeln zurückgekehrt. Irgendwo zwischen «Scrum for Dummies», «Holacracy», «Kanban» und «Bitcoin» fand ich in meinem Bücherregal das «Basiswissen Requirements Engineering» von Klaus Pohl und Chris Rupp. Es ist das offizielle Lehrbuch für die CPRE Foundation Level-Prüfung.

Ich begann in den Seiten zu stöbern. Je tiefer ich eintauchte, desto bewusster wurde mir: Auch nach fünf Jahren in agilen Projekten wende ich noch immer die damals gelernten Grundlagen des Requirements Engineering an. Sei es, um den Kontext des zu entwickelnden Systems zu definieren. Oder um User Stories mit wertvollem Inhalt für das Entwicklungsteam zu ergänzen. Auch die Produkt-Dokumentation geht mit Methoden aus dem RE viel leichter von der Hand.

Requirements Engineering im Alltag eines Product Owner

Erst kürzlich habe ich nach einem tollen Story Mapping Workshop erfolgreich das Kano-Modell verwendet. Wir haben damit die erarbeiteten User Stories zusammen mit den Stakeholdern priorisiert.  Herausgekommen ist ein gemeinsames Verständnis des Minimum Viable Product (MVP).

Dank der Vielzahl an Erhebungstechniken finde ich mich schnell in neuen Fachgebieten zurecht. Sie helfen auch bei der Identifikation möglicher User Stories. Genauso wie sie helfen, klassische Anforderungen zu ermitteln.

Use Cases, Sequenz- und Aktivitätsdiagramme eignen sich hervorragend, um das System während der Entwicklung zu dokumentieren.

Business Concept Models helfen auch in einer agilen Welt, ein Glossar für eine gemeinsame Fachsprache aufzubauen (wer kennt sie nicht, die endlosen Diskussionen, ob jetzt z.B. der «Vertragspartner» und der «Kunde» dasselbe oder unterschiedliche Dinge sind).

Und nicht zu vergessen mein Lieblingshilfsmittel: die Satzschablone. Noch heute verwende ich sie, um Geschäftsregeln und manchmal sogar Akzeptanzkriterien zu formulieren.

Schauen wir noch etwas genauer hin, könnte man die Satzschablone mit einer kleinen Ergänzung sogar als neues User Story Pattern verwenden:

Zwischen den beiden Varianten:

«Das CMS-System muss dem Content-Manager die Möglichkeit bieten, einen Blog-Beitrag zu löschen, sodass veraltete Beiträge nicht mehr auf der Homepage erscheinen.» und
«Als Content-Manager will ich Blog-Beiträge löschen können, sodass veraltete Beiträge nicht mehr auf der Homepage erscheinen.»

besteht kein grosser Unterschied mehr. Und schon kann die Diskussion beginnen, ob die Blogs wirklich gelöscht oder doch besser inaktiviert oder ob Beiträge älter als x Jahre automatisch entfernt werden sollen.

Ich könnte noch viele weitere Beispiele aufzählen. Aber ich denke, meine Frage ist beantwortet.

Meine Antwort

Requirements Engineering lebt!

Das gelernte Basiswissen stiftet auch in agilen Projekten einen grossen Mehrwert. RE und die im CPRE Foundation Level vermittelten Methoden helfen, unabhängig vom Vorgehensmodell, tolle Software zu entwickeln.

Viel Erfolg!

Euer Benjamin Wyss

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